Edgar Allan Poe

1809–1849

Einer der größten Dichter Amerikas, so meinte Klabund, ist Edgar Allen Poe, der Dichter des Zwielichts der Seele, der Dämmerungen, des fahlen Entsetzens, des Todes, der wilden Hoffnungslosigkeit, in die der Rabe sein hartes, monotones „Nimmermehr“ krächzt. Mörder und Irrsinnige sind seine Helden, und wie Prometheus ist er nackt an den Felsen seiner Qual geschmiedet, während der Geier des Grauens ihm seine Brust zerhackt. Er vereinigt in sich einen glasklaren Verstand mit einer dämonischen Phantasie. Er hat die Fähigkeit, sich selbst bis in die letzte Phase seiner Handlungen zu beobachten – die doch nicht er, sondern ein unerbittliches Schicksal lenkt, das ihm so sinnlos seine über alles geliebte blutjunge Frau raubt, deren Siechtum – sie war lungenkrank – er hilflos mitansehen mußte. Als sie gestorben war, vermochte ihn auch deren von ihm hochverehrte Mutter nicht mehr aufrechtzuerhalten; er verfiel wie in seiner Jugend wieder dem Spiel und dem Trunk. Eines Tages wurde er sinnlos betrunken auf der Straße aufgefunden und in ein Spital gebracht, wo er starb.

In Poe hat Amerika ein Gegengewicht für seinen übertriebenen Rationalismus hervorgebracht. Es mußte einmal jemand kommen, der dem spießerhaften Zweckglauben und dem „gesunden Menschenverstand“ ins Gesicht grinste, unter der Erde wie ein Bergmann und über der Erde auf den Wolken wie ein Vogel lebte.

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