Zur Geschichte der Medizin
Aus dem Weltreich der Heilkunst und Pharmazie
Eine digitale Galerie

Eduard Albert

20. 1. 1841 - 26. 9. 1900

Senftenberg – das Tor zum Adlergebirge: Hier wurde 1841 Eduard Albert als Sproß eines Uhrmachers in karge Verhältnisse hineingeboren. Zum Medizinstudium ging er nach Wien, lernte bei Hyrtl, Rokytansky, Škoda, Brücke und Schuh, und wurde schließlich 1867 promoviert. Schon der Student war ein gewiefter Diagnostiker, wie eine Anekdote überliefert: Als er bei einer Prüfung des Primarwundarztes und Chirurgen Franz Schuh einen ungewöhnlichen Fall von Hospitalbrand erkannte, quittierte das Auditorium die Diagnose des Prüflings mit Gelächter. Da ernüchterte die Stimme Schuhs die Erheiterten: „Lachen Sie nicht, das ist Hospitalbrand“.

Nach seiner Habilitation 1872 vermittelte Rokytansky Albert die Lehrkanzel in Innsbruck, wo er wohl auch dem k. k. Statthalter der Grafschaft Tirol, Eduard Graf Taaffe begegnete. Der machte ihn zu seinem Leibarzt und förderte ihn. Anno 1878 führte er hier die erste operative Gelenksversteifung durch: Mittels dieser Arthrodese, wie er es nannte, konnte er einem Mädchen mit Schlotterknien infolge Kinderlähmung die Standfestigkeit zurückgeben. Dann Wien: 1881 berief man Eduard Albert zum Vorstand der 1. Chirurgischen Klinik, wo er in der Folge der Antiseptik zum Durchbruch verhalf.
Albert war Lehrer von Adolf Lorenz und gilt als der Gründervater der österreichischen Orthopädie; selbst der Kaiser konsultierte ihn als einen der vordersten Chirurgen des Landes. Er untersuchte die Wärmeverhältnisse im Fieber, resezierte erstmals den Kieferwinkel, um den Nervus mandibularis freizulegen, exstipierte als erster Chirurg erfolgreich eine Schilddrüse und führte ebenfalls erstmalig eine Nerventransplantation durch. Über Jahrzehnte strahlte sein Lehrbuch der Chirurgie aus, das erste Fachwerk, das auf den neuesten Erkenntnissen der Antisepsis fußte. Achtmal wurde seine Diagnostik chirurgischer Krankheiten aufgelegt, die auch wegen der besonderen Schönheit und Klarheit der Sprache gerühmt wurde. Einer solchen befleißigte er sich auch als geistreicher Redner und begnadeter Vortragender.
Sein Tag hatte scheinbar kein Ende, dennoch stritt er für politische, gesellschaftliche und patriotische Fragen, gab sich der antiken Philosophie und besonders der tschechischen Poesie seiner Zeit hin. Er übersetzte Gedichte von Neruda, Vrchlický, mit dem er freundschaftlich verbunden war, und anderen Dichtern. Er gab Anthologien heraus, korrespondierte mit böhmischen Kulturgrößen. Dann aus (fast) heiterem Himmel: Bei einem Aufenthalt im heimatlichen Senftenberg am 25. September 1900 versagte das geschwächte Herz. Die sterbliche Hülle, zunächst in Senftenberg beigesetzt, wurde nach einem Jahr nach Wien überführt, wo auf dem Zentralfriedhof ein Ehrengrab bereitstand. Die Prager ehrten ihn auf ihre Art – und benannten die Gasse und das Universitätsviertel mit der Naturwissenschaftlichen Fakultät ihm zu Ehren Albertov.

... Überhaupt war Alberts Güte und Hilfsbereitschaft gross. Er gab soviel er konnte, vergaß nie seine eigene schwere Jugend, wenn sich auch langsam ein verklärender Schein über alle Bitternis gelegt hatte.

Leopold Schönbauer

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